Killerspiel-Debatte

Weil vermutlich niemand die Kommentare zu einem alten Blogeintrag zum Thema Verbot von „Killerspielen“ liest, poste ich sie hier mal auszugsweise:

Wenn der Zugang für junge Spieler deutlich erschwert ist, müsste die Verbreitung auch über unerlaubte Wege viel schwieriger sein und die Kids hätten geringere Chancen an die Spiele zu kommen und die Eltern mit der Begrenzung der Spielzeiten nicht so einen Stress. Außerdem: wenn nur ein Irrer davon abgehalten wird, anderen zu schaden, ist ein Verbot auf jeden Fall gerechtfertigt. Viel besser wäre es, die Spielemacher würden Games entwickeln, die bei friedlichen Aktivitäten genauso spannend sind und Teamarbeit erfordern. Gewalt ist in unserem Zeitalter out, Terroristen werden auch nicht geduldet, warum dann spielerisch andere abknallen.

Ja, genau darum geht es ihm ja: Bereits bestehende Jugendschutzvorschriften effektiv durchzusetzen, und nicht, wie die Union es fordert, alles sofort für ALLE (also auch Erwachsene) zu verbieten.

Und was ist denn das für ein Vorschlag? Der Staat soll Dinge komplett verbieten und für illegal erklären, weil die Eltern nicht in der Lage sind, es ihre eigenen Kindern davon fernzuhalten? Dann wäre aber ein Komplettverbot von Alkohol, Zigaretten und dem halben deutschen Fernsehprogramm (von Tatort bis Vera am Mittag) wesentlich wichtiger! Ein ähnliches Verfahren wird ja aber bereits beim Thema Schulen angewandt: Warum sollen Eltern ihre Kinder vernünftig erziehen, dafür machen wir doch gerade lauter Ganztagsschulen auf, die sind dann dafür zuständig.

Ganz abgesehen davon, dass sich Amokläufe effektiver verhindern ließen, wenn man jeglichen privaten Waffenbesitz verbieten würde und ein offeneres und weniger “aussortierenderes” Schulsystem einführen würde. Aus mir unbekannten Gründen sperrt sich v.a. die CSU aber gegen beides. Zumindest im sogenannten bürgerlich Lager scheint also “Gewalt” noch mächtig “in” zu sein – oder wofür brauchen die die Schützenvereine?

Es wäre besser, die Kinder würden rechtzeitig lernen, sich anderweitig zu beschäftigen. Aber je mehr Spiele auf dem Markt sind, die dann zuerst bei Freunden und später dann auch zu Hause gespielt werden, um so schwieriger wird es, die Kinder auf andere Dinge um zu polen.

Auch hier wäre es doch wohl Aufgabe der Eltern und von mir aus teilweise auch der Schule, Kindern eine Alternative zu bieten und den ‚Konsum‘ solcher Spiele mit geeigneten Mitteln zu beschränken. Und das Kinder versuchen, die ihnen gesetzten Grenzen zu überwinden, ist ja wohl das normalste von der Welt! Oder haben Kinder früher nicht versucht, bei Hausarrest zu flüchten oder sich trotz Verbot der Eltern mit einem Freund/Freundin zu treffen?

Noch was:viele junge Eltern sind ja auch schon spielbegeistert.( besessen), was sollen die denn ihren Kindern anderes Sinnvolles vermitteln? Schlechte Zeiten für die nächste Generation!

Was die nächste Generation angeht: Das war doch schon immer so! Im 18. Jahrhundert fürchtete man einen Verfall der Sitten durch übermäßiges und zügelloses Lesen (v.a. bei Frauen), vor 50 Jahren rauften sich Eltern die Haare, weil ihre Kinder durch die Beatles, die Rolling Stones und Elvis “the pelvis” Presley und deren “Negermusik” verdorben würde. Heute sind es die Computerspiele und Hip-Hop, und morgen dann irgendetwas anderes. Und ist irgendeine Generation völlig verkorkst? Ich glaube nicht…

Es wäre daher wohl mal angebracht, wenn sich die derzeit “herrschende” Generation intensiv, ernsthaft und ehrlich mit den Dingen auseinandersetzt, die sie der ‘Jugend’ (die ja mittlerweile bis zu 35 Jahre alt ist) als Laster vorwirft. Stattdessen werden Veranstaltungen, bei denen Eltern, Lehrer und Politiker einmal selbst Computerspiele im großen Rahmen spielen sollten mit dem Hinweis auf den Amoklauf in Winnenden untersagt.

Außerdem, wie würdest du die Sache beurteilen, wenn deine Freundin bei so einem Amoklauf getötet würde?

Zu diesem doch ziemlich fiesen Argument möchte ich folgendes sagen: Ich weiß nicht, wie ich die Sache dann sehen würde, und ich möchte es auch nie herausfinden. Ich glaube aber, dass ich dann trotzdem in erster Linie dafür wäre, alle Schusswaffen in Privathaushalten zu verbieten, und erst in zweiter Instanz für eine Einschränkung oder gar ein Verbot von bestimmten Comptuerspielen eintreten würde. Genau das gleiche tun übrigens im Moment die Angehörigen der Opfer des Amoklaufs in Winnenden!

Abgesehen davon wäre ich in einer solchen Situation aber der letzte, der darüber dann zu entscheiden haben sollte. Das wäre ja so, als würde man die Angehörigen eines Mordopfers das Urteil über den Mörder sprechen lassen. Es gibt glaube ich genug Argumente, weshalb in einem Rechtsstaat jemand, der so dermaßen befangen ist, als Richter keinen Prozess führen darf!

Abgesehen davon bin ich als potentieller Lehrer wohl deutlich stärker der Gefahr ausgesetzt, Opfer eines Amoklaufs zu werden, als meine Freundin. Und darüber habe ich mir schon manche Gedanken gemacht… Und trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, bin ich nicht für ein generelles Verbot von Gewalt beinhaltenden Spielen, sondern viel mehr für ein vollständiges Verbot von Schusswaffen in allen Haushalten. Zusätzlich müssen Kinder, die im System „Schule“ leistungsmäßig oder sozial gescheitert sind, aufgefangen werden. Es kann nicht sein, dass jemand nur schlechte Noten schreibt, von der Schule fliegt oder sozial isoliert ist, und niemand kümmert sich um sie oder ihn. Hier wäre einfach mal angebracht, mehr Sozialpädagogen, Beratungslehrer oder anderes psychologisch geschultes Personal an den Schulen einzustellen. Übrigens wird genau dies laut einer Umfrage der Lehrergewerkschaft GEW von einem Großteil der deutschen Lehrer gefordert. Aber das würde ja mehr Geld kosten, als einfach mal ein paar „böse Spiele“ zu verbieten.