Da ist es also nun, nachdem alle Welt schon Wochen und Monate darüber spekuliert hat: Das Apple iPad. Ein Tablet-„Computer“ mit knapp 10″ großem Touchscreen, 16-64GB Speicher und einer CPU mit genug Leistung, um (fast-)HD-Videos flüssig wiederzugeben. Dazu das aus dem iPhone bekannte Betriebssystem inklusive aller Späße wie Bewegungssensoren, Mutlitouch-Gesten etc.
Die Idee, ein nicht zu großes, einfach zu bedienendes Gerät zu haben, mit dem man Filme ansehen, ebooks lesen, Mails schreiben und im Internet surfen kann ist ziemlich klasse, und das ganze dann auch noch gepaart mit der wirklich intuitiven und kinderleichten Steuerung des iPhones lässt auf ein wirklich geniales Gadget hoffen.
Ich werd’s mir aber trotzdem nicht kaufen. Warum? Nun, zum einen der Preis: Mit knapp 500 USD startet das iPad zwar in Apple-untypisch niedrigen Preisregionen, will man aber das ganze Potential des Gerätes nutzen, so muss man eigentlich zur größten Version (64GB Speicher) mit 3G greifen, und dann ist man bei stolzen 830 USD. Warum die größte Version und mit UMTS? Erstens, wenn ich ein Teil mit so großem Bildschirm mit mir rumtrage, dann will ich auch eine ordentliche Sammlung Videos dabeihaben – da sind 64GB eigentlich eh schon zu wenig, das reicht in HD-Auflösung ja nichtmal für eine Staffel der neusten TV-Serie. Zweitens, wenn ich meine Literatur (und ich hoffe, dass da zu den bisher verfügbaren Büchern auch noch Zeitschriften und Zeitungen dazukommen) schon digital lese, dann will ich auch immer und überall Zugriff auf die neusten und aktuellsten Titel haben. Wenn ich mir erst ein WLAN zum Downloaden der heutigen Zeitung suchen muss, kann ich auch gleich zum Kiosk gehen. Also, die größte, beste, tollste Version, drunter macht’s keinen Sinn. Was aber kriege ich für meine 800 USD? Ein Gerät, dass ungefähr so groß und schwer ist wie ein Netbook, ungefähr das doppelte kostet und nichtmals die Hälfte der Anschluss- und Erweiterungsfähigkeit eines Netbooks bietet.
Damit wären wir beim zweiten Grund, weshalb ich es nicht kaufen werde (und einer Sache, die mich auch beim iPhone desöfteren aufregt). Die mangelnde Ausstattung, was Schnittstellen angeht: USB-Sticks, Speicherkarten, Digitalkamera oder eine externe Festplatte anschließen und schnell meine Daten und Bilder sichern? Nix da, und wenn dann nur mit kostenpflichtigem Zubehör. Diese Daten dann (via USB-Stick, Festplatte, Speicherkarte etc.) an Andere weitergeben? Dürfte wie beim iPhone Fehlanzeige sein. Stattdessen brauche ich immer einen extra Computer, um das iPad mit neuen Daten zu versorgen (oder ich kaufe sie online im iTunes/iBook-Store, das geht aber natürlich nur mit Musik, Apps und Büchern).
Letzteres ist auch der Grund, weshalb das iPad in meinen Augen auch nicht wirklich als „Computer for the masses“ für Oma und Opa geeignet ist. Ein Webbrowser, der einen signifikanten Teil der Seiten im Internet mangels Flash nicht richtig darstellen kann, die fehlende Möglichkeit, eigene Dateien (z.B. Bilder) ordentlich zu verwalten sowie diverse andere Einschränkungen dürften bei dieser Zielgruppe wohl eher zu Frustration als einem „Aha“-Erlebnis führen.
Würde das Ding in der größten Ausstattung die Hälfte kosten, oder böte es zumindest ab Werk eine Anschlussmöglichkeit für USB-Massenspeicher und SD-Karten sowie einen ordentlichen Dateimanager dafür, so käme ich wirklich in allergrößte Versuchung. Aber so kaufe ich lieber ein Netbook – auf dem kann ich auch lesen und Videos schauen, der Akku hält auch ordentlich lange und ich kann zumindest unterwegs Date(ie)n austauschen.
Der Witz an vielen Apple-Produkten ist, dass sie der Zeit um ca. 2 Jahre voraus sind. Als der erste iMac ohne Diskettenlaufwerk kam, schrie die Welt auf. 2 Jahre später hatten alle ein Heimnetzwerk und CD-Brenner und das Problem war vom Tisch. Nach Flash z.B. wird in ein paar Jahren kein Hahn mehr krähen, HTML5 sei dank. YouTube und Vimeo machen es jetzt schon vor, dass das für Videos geht. Alle anderen werden schon noch folgen. Es wird immer schwieriger werden, die iPhone/iPad Plattform zu ignorieren.
Eine zweite Eigenschaft, die Apple Produkte oft besitzen, ist, dass die erste Version eines Gerätes zwar brilliant und wegweisend ist, der Weg damit aber noch nicht zu Ende geschritten ist. Der iMac musste auch erst durch zwei Generationen laufen, bis er zu dem flachen Designerstück wurde, das er heute ist. Genauso bin ich mir sicher, dass wir bei iPhone wie iPad auch noch die ein oder andere bedeutende Verbesserung erleben werden.
Unter diesen Gesichtspunkten ist das iPad vor allem eins: ein ziemlich guter Start.
P.S.: Einen SD-Kartenleser, oder wenigstens einen USB-(Mini-)Port hätten sie in der Tat ruhig einbauen können. Aber auf der anderen Seite gibt’s ja auch Bluetooth… können das die Kameras heutzutage nicht alle?
Naja, ob ein solcher Mangel an Schnittstellen (nämlich quasi gar keine) als „seiner Zeit vorraus“ gewertet werden kann… Ich kenne übrigens keine einzige Digitalkamera (und schon gar keine digitale Spiegelreflex) die Bluetooth hat – und was sich Apple unter einem Bluetooth-Stack vorstellt, sieht man ja im iPhone. Dateien per Bluetooth versenden? Nein danke, ein Mono-Headset ist alles, was man per BT verwenden kann.
Mit der mangelhaften (und nicht „wegweisenden“) ersten Version hast du recht – das gabs nicht nur beim iPad. Ich sage nur MacBook (Lüfter, Hitze, Display), neuer 27″ iMac (Lüfter, Display) oder – in meinen Augen auch – das erste iPhone (ohne 3G). Abgesehen davon ist es ja auch ein sehr gutes Geschäftsmodell, so kann man allen Leuten gleich die zweite Gerätegeneration hinterherverkaufen.
Web ohne Flash – naja. Für Videos mag das mit HTML5 gehen (wobei da meines Erachtens die Wahl des verwendete Codecs die größere Rolle spielt – und wer weiß, ob Apple H.264, Theora etc. unterstützen wird, oder ob man sich da nicht einfach auf Quicktime-MOVs beschränken wird), aber die meisten Seiten nutzen Flash ja weniger für Videos, sondern für die gesamte Seite, also Navigation, animierte Inhalte, Bilder, Text usw. Und dass die alle mal eben schnell umsatteln kann ich mir – zumindest für die nächsten 2 Jahre – nicht vorstellen.
Apple unterstützt jetzt schon H.264. So kommen YouTube-Videos aufs iPhone (und jetzt auch iPad) und in das HTML5 ‚video‘ Tag. Im Übrigen stellt H.264 auch ein großes Problem dar, denn es ist proprietär und patentiert. Deswegen kommt Firefox 3.6 auch ohne H.264-Unterstützung. Momentan kann er nur Ogg Theora.
Was die mangelhafte erste Generation von diversen Geräten angeht, so ist das denke ich ein typisches Ingenieursproblem. Die früheren Baujahre eines Automodells haben fallen in der Regel mit höheren Panenstatistiken auf. Verbesserung kommt eben manchmal doch erst iterativ, nachdem Benutzer das Gerät in der Hand hatten.
Bei den Anschlussmöglichkeiten hast Du, wie gesagt, recht. Auch was den verhunzten Bluetooth-Stack beim iPhone betrifft.