Voyager-Gedanken, Pt. II

Weiter geht’s mit meinen Ideen „from and inspired by“ Voyager…

I.

Das zweite in Voyager immer wieder auftauchende Thema ist das der Individualität, also die Frage, wann und wodurch jemand (oder „etwas“!) den Status eines Individuums, also eine eigene Persönlichkeit, gewisse Rechte etc. erhält. Dieses Thema, welches auch in anderen Star Trek-Serien behandelt wird (in TNG z.B. an der Figur von Data), wird in Voyager gleich an zwei verschiedenen Personen ‚untersucht‘: Am „Doktor“, dem medizinisch-holographischen Notfallprogramm, sowie an Seven of Nine, der aus dem Kollektiv (dazu siehe letzter Blog-Eintrag) befreiten Borg-Drohne.

Kurzer Einschub: Ich schreibe diese Zeilen hier auf meinem Laptop in der S-Bahn. So sehr ich diesen Segen der Technik mit seiner Mobilität schätze – ein Star Trek „PADD“ wäre doch irgendwie praktischer! ;-) Leider sind heutige Handhelds à la Palm und PocketPC in Sachen Bedienkomfort (zumindest, was die Eingabe längerer Texte betrifft) doch noch weit davon entfernt…

Zurück zum Thema: Ich kann und will hier keine große Abhandlung über die Frage (und erst recht nicht über die Antwort), wann man einer ‚Entität‘ den Status eines Individuums einräumen sollte, verfassen. Dazu wären wohl erstmal die Werke der Weltphilosophen von Aristoteles bis Sartre abzuklappern, mit denen ich mich leider Gottes nicht gut genug auskenne. Alles was ich hier zu diesem Thema sagen möchte ist, dass ich es unglaublich interessant und faszinierend finde, und wenngleich wir in unserer heutigen Zeit wohl (noch) nicht mit Fragen wie „ist ein intelligentes Hologramm mit einer natürlichen Person gleichzusetzen?“ beschäftigen müssen, sollten wir uns doch diesen und ähnlichen Fragen nicht einfach so verschließen. Woran mich diese Frage gerade erinnert sind Situationen, in denen vor allem Kinder von Erwachsenen nicht für wirklich voll genommen werden und ihre Meinung oft als dumm und unvernünftig abgetan wird. Gerade als angehender Lehrer fühle ich mich da doch ein Stück weit betroffen.

Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Ich will hier nicht unterstellen, dass Kindern der Status als Individuum, als Person und Persönlichkeit aberkannt würde, oder dass sie nicht wie Menschen behandelt würden! Aber ich habe es doch mehrfach erlebt, dass Kinder, die eine (in meinen Augen vernünftige oder zumindest verständliche) eigene Meinung oder Frage zum Ausdruck brachten, einfach ignoriert wurden und eben nicht für voll genommen wurden. Dies disqualifiziert nicht nur den Erwachsenen (leider viel zu oft ein/e Lehrer/in) als inkompetent, ich halte es auch für das Selbstbewusstsein des Kindes und für seine Fähigkeit, selbständig zu Denken und zu Handeln für schädlich (war das jetzt ein korrekter Satz??).

II.

Das nächste Thema nun ist ein Thema, das mich persönlich sehr betrifft, und vielleicht ist es mir deshalb so aufgefallen. Ich habe es im letzten Blog-Post mit „Handlungsmotivation“ beschrieben. Was ich damit meine ist die Frage, warum die Besatzung der Voyager die Dinge tut, die sie tut. Konkret: Es wird eine Raum-Anomalie oder was auch immer entdeckt, und die Crew beginnt im vollen Bewusstsein des Risikos, in welches sie sich begibt, mit der Erforschung dieser Anomalie. Gleiches gilt für unbekannte außerirdische Kulturen und Lebensformen. Anstatt also, was wohl das naheliegendste wäre, den schnellstmöglichen Rückweg in den Alpha-Quadranten zu suchen, koste es was es wolle, nimmt man zum Zwecke der Forschung diverse Umwege und Verzögerungen in Kauf. Und nicht nur das: Der direkte Rückweg wird zerstört, um eine andere, fremde Kultur zu retten, und in verschiedenen anderen Situationen wird das Leben der eigenen Crew riskiert, um fremden Völkern zu helfen. Ich bewundere ehrlich das hier dargestellte Menschenbild. Nun aber zurück zu Frage: Warum tun die das?

Nunja, ganz banal: Weil’s der Captain befiehlt. Diese Antwort ist aber nicht sehr befriedigend, denn offen bleibt hier erstens, weshalb der Captain es überhaupt befiehlt, und zweitens, weshalb auch Nicht-Sternenflottenmitglieder der Crew (insbesondere die Ex-Maquis) sich an solche Befehle halten. Man müsste also bei der Besatzung insgesamt von einem enormen Forscherdrang sowie einem außerordentlich ausgeprägten ‚Überzeugtsein‘ von den Menschenrechten etc. ausgehen. Aber auch wenn man dies voraussetzt halte ich es für eine ungenügende Erklärung. Schon eher käme man wohl damit hin, wenn man ihnen allen ein gemeinsames Ziel unterstellt, für welches sie arbeiten, und dem sie all ihre Aktionen unterordnen. Welches Ziel (oder welche Ziele) könnte(n) dies sein? Neben den grundlegenden Sachen wie „Überleben“ und „Schiff funktionstüchtig halten“ scheint es hier vor allem um die Weiterentwicklung der Menschheit bzw. der Sternenflotte und der Föderation zu gehen. Im Sinne von „was ich erforsche nützt hoffentlich allen Mitgliedern der Föderation“, oder „wenn ich dem notleidenden Volk helfe, hilft dieses später vielleicht mir und anderen Föderationsmitgliedern“. Die Mitglieder der Voyager-Crew können also darauf vertrauen, dass das, was sie tun, dem Nutzen aller dient, und nicht nur (aber auch) ihnen selbst (sei es durch Vergrößerung von Wissen, Anerkennung, diplomatischen Beziehungen und so weiter). Das klingt jetzt etwas banal, aber ich denke mit dieser Einstellung kommt man in der Tat am weitesten, versucht man die Handlungen zu erklären (und ja, natürlich bin ich mir der Absurdität bewusst, die ein solches Unterfangen bei fiktiven Figuren beinhaltet).

Zu Beginn sagte ich, dass ich auch bei diesem Thema einen Bezug zur Realität, insbesondere meiner eigenen Lebenssituation feststellte. Es sind nicht nur das Streben nach Wissen sowie das Hochhalten von Menschenrechten und Idealen, die ich an den Figuren auf der Voyager bewundere. Es ist auch dieses auf ein bestimmtes Ziel (welches nicht allein die persönliche Bereicherung ist) gerichtete Streben, welches ich bewundere, und welches mir das Fehlen eines solchen Zieles in unserer Realität bewusst gemacht hat. Denn schauen wir uns einmal um: Der allergrößte Teil der Menschen richtet seine (beruflichen wie privaten) Aktivitäten mehr oder weniger ausschließlich auf den eigenen Wohlstand, die Schaffung eigener finanzieller Sicherheit und den persönlichen ‚Lustgewinn‘ (im Sinne von Spaß in der Freizeit) aus. Ich will mich hier nicht zum Moralapostel aufschwingen und zum Spenden für „Brot für die Welt“ aufrufen (was meiner Meinung nach ohnehin weniger deshalb gemacht wird, weil man die Not in der Welt lindern will, sondern mehr, um das latente schlechte Gewissen von sich und seiner Umwelt zu beruhigen), es geht mir einfach nur darum, auf diese Tatsache hinzuweisen.

Natürlich gibt es viele bewundernswerte Menschen, die sich für eine gute Sache einsetzen (sei es zur Verbesserung der Situation von Schulkindern hier in Deutschland oder zur Versorgung von afrikanischen Flüchtlingslagern mit Wasser und Medikamenten), aber das Gros der Menschheit strebt doch lediglich den eigenen Wohlstand an. Sucht man nicht direkt die Vermehrung des eigenen Reichtums oder Erhöhung des Lebensstandards zu erreichen, so lebt man (und das scheint mir ein vor allem bei jüngeren Generationen beobachtbares Phänomen zu sein) „einfach so“ vor sich hin. Ich weiß nicht, warum (vielleicht ist es die mit steigendem Alter auftretende Weisheit ;-), aber irgendwie scheint mir sowohl das eine wie auch das andere kein wirklich sinnvoller und ausfüllender Lebensinhalt zu sein.

Und nun weshalb es mich betrifft: Auch mir geht ein solches „Ziel“ im Leben ab. Ich weiß nicht, warum, wieso oder weshalb, aber es ist nun mal so. Leider empfinde ich den Beruf des Lehrers (den ich ja im Moment anstrebe) nicht als das ultimative Ziel meines Lebens, dass es unbedingt anzustreben gilt. Natürlich, Unterricht zu halten hat mir im Praktikum durchaus Spaß gemacht, die Arbeit mit Schülern fand ich schon interessant, aber ob das wirklich alles sein kann? Irgendetwas in mir sagt mir, dass da noch mehr sein sollte, dass es doch mehr im Leben geben sollte. Natürlich werden Lehrer gebraucht und es ist ein wichtiger Beruf, aber dennoch ich würde ich irgendwie gerne mehr (für die Menschheit? für mich? Ich weiß es nicht) tun. Keine Ahnung was, oder wie, aber irgendwie regt sich in mir ein deutlich spürbares Streben nach „mehr“. Und um genau die Möglichkeit, einem solchen Streben effektiv und sinnvoll nachgehen zu können, beneide ich, ja, es ist albern, aber so ist es, die fiktiven Figuren aus Voyager.

Einschub 2: Noch etwas worum ich sie beneide: Sie müssen nicht mit Jugendlichen, die auf ihren(!) Handys(!) laut(!) Musik hören, zusammen S-Bahn fahren.

So, nun bin ich mit den ersten Eindrücken und Gedanken, die nach dem Schauen von ca. 50 Stunden Star Trek in eineinhalb Wochen auftraten, erstmal durch. Sollte noch mehr auftauchen (oder ich noch mehr Drang nach einem Online-Seelen-Striptease verspüren) melde ich mich wieder!